Bestätigung des Innungsbriefs des Schuster-Handwerks des Rittergutes Riesa durch Sophia Christina
Signatur
SB-MLL A.1725-10-25
Datierung
25.10.1725
Umfang
1 Pergamenturkunde
Beschreibung
Ausstellering: Sophia Christina, verwitwete Kammerherrin von Wehlen, geborene von Waldau, Erb-, Lehn- und Gerichtsfrau zu Riesa. Bestätigung des Innungsbriefs des Schuster-Handwerks des Rittergutes Riesa. Die Meister des Schuster-Handwerks haben vorgetragen, dass ihr vom vorherigen Gerichtsherrn konfirmierter Innungs-Brief bei dem hiesigen Brand 1717 April 18 vom Feuer vernichtet worden ist. Deshalb bitten sie um Erneuerung oder anderweitige Konfirmierung. Den Besitzern des Rittergutes Riesa ist gemäß den von den vorigen und vom jetzigen Landesherrn erteilten Lehnbrief erlaubt worden, Handwerke in Riesa einzusetzen, zu konfirmieren, zu vermehren, zu verbessern und sonst alles Notwendige zu veranlassen. Das Schuster-Handwerk hatte vor dem Brand Innungsbriefe. Also hat die Ausstellerin zuerst die überreichten Artikel durchsehen und notwendige Änderungen vornehmen lassen und dann die nachfolgenden Innungsartikel konfirmiert. Artikel 1. Ein Lehrjunge, der das Schusterhandwerk hier erlernen will, soll über seine eheliche Geburt gegenüber dem Handwerk nachweisen, der Herrschaft einen Gulden, dem Handwerk zwei Gulden und der Kirche ein Pfund Wachs geben. Sofern der Lehrjunge aus dem hiesigen Gericht ist, soll er für drei Taler einen Geburtsbrief, bzw. als Sohn eines Meisters für einen Taler, zu erwerben, unbeschadet der Gerichts- und Mundationsgebühren. Wenn er aufgenommen ist, soll er drei Jahre lang in die Lehre gehen. Artikel 2. Wenn der Meister stirbt, bevor der Lehrjunge ausgelernt hat, soll ihn des Meisters Witwe, wenn sie die Werkstatt fortführt, behalten und zu Ende ausbilden. Artikel 3. Wenn ein Meister einen Lehrjungen ausgebildet hat, darf er ein Jahr keinen neuen Lehrjungen annehmen. Bei Verstoß ist ein Taler an das Handwerk zu zahlen. Artikel 4. Wenn ein Schuhknecht sich hier niederlassen will, soll er drei Jahre gelernt und drei Jahre gewandert haben sowie Lehr- und Geburtsbriefe aufweisen können. Dann soll er das vier Wochen vor Pfingsten Gesellenweise begehren und zwei Jahre lang hier bei einem Meister arbeiten. Wenn ihn keiner der hiesigen fördern kann, soll er die Zeit bei einem ehrlichen Meister in den benachbarten Städten verbringen. Wenn ihn ein hiesiger Meister während der zwei Jahre anfordert, soll er ihn für sechs Groschen Wochenlohn anstellen. Artikel 5. Wenn ein Schuhknecht Meister werden will, soll er es vier Wochen vor Pfingsten begehren. Versäumt er die Frist, kann er im selben Jahr nicht zugelassen werden. Nach geschehener Einmuthung hat er vier Reichstaler für das Meisterrecht dem Handwerk und zwei Taler der Lehens- und Gerichtsherrschaft zu erlegen, daneben dem Handwerk eine Mahlzeit, ein Viertel Bier und zwölf Groschen für Wein zu geben. Als Meisterstücke hat er je ein Paar Reiterstiefel, Männerschuhe, Frauenschuhe und Männerpantoffeln aus brauchbarem Leder herzustellen. Sie sind vom ganzen Handwerk unter Hinzuziehung der Gerichtsobrigkeit, oder wen diese an ihrer Stelle schickt, zu besichtigen. Artikel 6. Der Sohn eines Meisters, ebenso ein Schuh-Knecht, der eines Meisters Tochter oder Witwe heiratet, und das Meisterrecht erwerben will, soll nicht mehr als zwei Taler dem Handwerk und einen Taler der Lehn- und Gerichtsherrschaft erlegen und nebst der Mahlzeit und zwölf Groschen Weingeld eine Tonne Bier geben. Auch steht es ihm frei, von den genannten Meisterstücken nur eines anzufertigen. Artikel 7. Kein Meister darf mehr als drei Gesellen anstellen bei Strafe eines halben Guldens. Artikel 8. Vom Schuhmacherhandwerk sollen zwei Älteste auserlesen und von der hiesigen Lehn- und Gerichtsherrschaft konfirmiert und verpflichtet werden. Jährlich wechselnd soll einer der Ältesten dem Handwerk vorstehen. Ihm soll die Handwerkslade anvertraut werden und er soll über das Handwerksvermögen abrechnen. Artikel 9. Das Handwerk soll jedes Quartal einmal eine Zusammenkunft abhalten und dazu soll auf Anordnung des Alt-Meisters durch den Jungmeister geladen werden. Wenn ein Meister ohne ausreichende Entschuldigung mit dem Schlag der Uhr nicht erschienen ist oder ganz ausbleibt, hat er einen Groschen Strafe zu bezahlen. Bei den Zusammenkünften soll ein Meister je Quartal einen Groschen und sechs Pfennige oder wenigstens bei dem Pfingstquartal sechs Groschen für alle vier Quartale zahlen. Dabei soll der Jungmeister, insbesondere wenn beim Pfingstqartal Bier getrunken wird, dieses auszuschenken und aufzutragen verpflichtet sein. Artikel 10. Wenn das Handwerk versammelt ist, soll kein Meister vor den Obermeistern und der Lade ohne Mantel erscheinen, bei Strafe eines Groschens. Jeder soll sich mit Worten und Gebärden christlich, bescheiden und züchtig verhalten, insbesondere auch dann, wenn Bier und Wein getrunken wird. Noch weniger darf jemand bei offener Lade fluchen oder schwören oder andere mit ehrenrührigen Worten oder Gebährden angreifen, ansonsten hat der die Strafe der Herrschaft und des Handwerks zu gewärtigen. Wenn jemand tätlich wird, hat er neben der herrschaftlichen Strafe noch an das Handwerk eine halbe Tonne Bier zu geben. Artikel 11. Unter der Meistern soll kein wandelbarer Schuh aus altem Brandleder gefertigt werden. Artikel 12. Kein Meister darf auf offenem Markt oder sonstwo seinen Mitmeister die Kundschaft durch Schlechtmachen abwerben, bei Vermeidung einer Strafe von sechs Groschen. Artikel 13. Die Ehefrau eines Meisters darf nach dessen Tod das Handwerk mit den vollen Rechten eines Meisters fortführen, solange sie ihren Witwenstuhl nicht verrückt. Wenn sie aber den Witwenstand ändert und einen Mit-Meister des Schusterhandwerks heiratet, darf sie die oben genannten Privilegien genießen. Artikel 14. Wenn ein Gandwerksgenosse stirbt, haben die Meister und Gesellen samt ihren Frauen die Leiche zu ihrer Ruhestätte zu begleiten. Jeder Person, die ohne Erlaubnis oder hinreichende Entschuldigung ausbleibt, muss zwei Groschen Strafe bezahlen. Artikel 15. Die Meister sollen der Reihe nach jeweils ein Jahr lang die durchziehenden Schuhknechte beherbergen, sie christlich, willig und ohne Widersetzlichkeit behandeln, ihnen ein freies Nachtquartier und zu essen und zu trinken geben. Wandernden Schuhknechte, die bei den Meistern nach der Ordnung Arbeit verlangen, soll man diese geben. Artikel 17. Wenn ein hiesiger Handwerker Beitragsrückstände bei der Lade hat, soll er von der Gerichtsobrigkeit belangt werden und wenn er nicht gemäß Auflage binnen 14 Tagen die Schulden begleicht, sollen Zwangsmittel angewendet werden bis hin zur Hemmung seines Handwerks. Artikel 18. Wenn ein Meister sich vor dem öffentlichen Kirchgang unehrenhaft gegenüber seiner Verlobten verhält, soll er außer der gebührenden Ahndung durch die Herrschaft auch vom Handwerk gestraft werden. Dergleichen Kinder aber, wenn sie künftig bei dem Handwerk aufgenommen oder gar Meister werden wollen, sollen dadurch keinen Nachteil haben. Artikel 19. Kein Ver- oder Aufkäufer darf Leder oder Felle im hiesigen Gerichtsbezirk ohne vorherige Kenntnis des Handwerks kaufen, sonst verliert er das Leder und wird von der Herrschaft und dem Handwerk bestraft. Artikel 20. Kein Störer soll im Gerichtsbezirk der hiesigen Herrschaft geduldet werden. Selbst wenn er ein zunftmäßiger Meister eines anderen Ortes ist, darf er hier nicht arbeiten. Wenn so etwas geschieht, soll ihm die Arbeit abgenommen werden und er von der Herrschaft und dem Handwerk bestraft werden. Artikel 21. Die Meister dürfen auf den hiesigen Jahrmärkten in Gegenwart einer von der Herrschaft dazu bestimmten Gerichtsperson - wie andernorts gebräuchlich - die von anderen hergebrachten Waren untersuchen, ob sie tauglich und Kaufmannsgut sind. Sie dürfen - wie in den Nachbarstädten üblich - von jedem Stand einen Groschen erheben, der je zur Hälfte zwischen der Herrschaft und dem Handwerk geteilt wird. Die Ausstellerin konfirmiert, ratifiziert und bestätigt die Innung kraft des ihr erteilten Lehnsbriefes und der Privilegien dergestalt, dass die Schuster alle Punkte einhalten sollen. Sie sollen so wie andere zunftmäßige Handwerksleute geachtet und in allen ehrlichen Zünften aufgenommen und gefördert werden. Die Obrigkeit jedes Ortes soll auf Ersuchen des Handwerks Schutz gewähren gemäß dem genannten Privileg. Die Ausstellerin behält sich, ihren Erben und Nachfolgern vor, diese Innungsartikel zu ändern, zu vermindern, zu vermehren, auch ganz oder teilweise aufzuheben. Die Ausstellerin hat diese Innung dem Handwerk der Schuster ausgehändigt, eigenhändig unterzeichent und mit dem Gerichtssiegel bekräftigt.
Physische Eigenschaften
Material: Pergament
Siegel: ohne S
Maße: 29 x 40 cm
Sprache
Deutsch
Orte
Altsignatur
1725 Oktober 25, Riesa (Rießa)
SB-MLL A.1725-10-25 – Bestätigung des Innungsbriefs des Schuster-Handwerks des Rittergutes Riesa durch Sophia Christina