Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern erneuert die Handwerksordnung der Müller der Ämter Treswiz und Tännesberg
Signatur
SB-MLL A.1672-03-08
Datierung
08.03.1672
Umfang
1 Pergamenturkunde
Bestand
Beschreibung
Erneuerung einer Handwerksordnung. Die Müller der Ämter Treswiz (Treßwiz) und Tännesberg (Tennesperg) haben dem Aussteller vorgetragen, dass die in ihrem Distrikt ansässigen Handwerksgenossen zur Zeit so zahlreich seien, dass sie eine eigene Handwerkszunft und Lade einrichten wollten und um Erteilung einer gesonderten Handwerksordnung bäten. Der Aussteller hat dies zur Förderung des Handwerks gebilligt und die nachfolgende Handwerksordnung von Neuem erlassen. 1.) Im Amt Treswiz und Tännesberg darf ein Müller künftig nur ein Mühlwerk betreiben, wenn er zuvor dem Handwerk genügend nachgewiesen hat, dass er sein Handwerk redlich gelernt hat, danach gewandert ist und sich überall redlich verhalten hat. Auch muss er nachfolgend benannte Stücke haben: ein Camb Rad, ein Kumpf oder ein baar Scheiben, dann zwei Steinständer aufgebaut aufeinander errichtet und das Werk gangbar gemacht. Wenn er damit bestanden hat, soll er zum Meister erklärt werden. Er soll dem Obmann für Bemühung und Malzeit zusammen einen Gulden und 30 Kreuzer, jedem geschworenen Meister 45 Kreuzer und zusätzlich zwei Gulden in die Lade legen. Wenn er mit seinen Meisterstücken nicht besteht, darf er sich nach einem halben Jahr beim Handwerk wieder anmelden. Ist es ein Meistersohn oder jemand, der die Witwe oder Tochter eines Meisters zur Ehe nimmt und Meister werden will, dem soll vom Obmann und den geschworenen Meistern eines der obigen Meisterstücke bestimmt werden. Wenn einer wegen Armut obige Werkstücke nicht anfertigen kann, soll er über alle obigen Stücke examiniert werden, wie er sie herstellen würde. Je nach seinen Antworten wird er zum Meister gesprochen oder nicht und wird dann mit den anderen Meistern gleich behandelt. [2.)] Ein Lehrjunge, der das Mühlhandwerk erlernen möchte, soll seinen Geburtsbreief dem Obmann und den geschworenen Meistern vorlegen, dann das Handwerk drei Jahre lernen. Das soll dann in ein besonderes Buch eingeschrieben werden. Daneben soll er einen halben Gulden in die Lade - ebenso wie sein Meister - in die Lade legen. Nach den drei Jahren soll die Freisprechung (ledigzöllung) erhalten und auf Wunsch vom Handwerk einen Lehrbrief erhalten. Der Meister, den den Lehrjungen ausgebildet hat, soll zwei Jahre lang keinen Lehrjungen annehmen, sondern ihn seinen Mitmeistern überlassen. 3.) Wenn in Städten, Märkten und überhaupt im Land des Ausstellers ein Meistersohn das Mühlhandwerk bei seinem Vater erlernen will, soll ihm das erlaubt sein. Jedoch soll auch er den geschworenen Meistern vorgestellt, eingetragen und nach den drei Jahren ledig gezählt werden. Statt des Sohnes soll der Vater einen halben Gulden in die Lade legen. Wenn der Vater vor Ende der Lehrjahre stirbt, muss der Sohn bei einem anderen Meister zu Ende lernen. 4.) Wenn ein Müllersohn nach dem Versterben seines Vaters bei einem anderen Meister auslernt, soll er wie ein Fremder und nicht wie ein Müllersohn behandelt werden. Das soll aber vom Obmann und dem Handwerk uunter Berücksichtigung des Alters und Verstandes [des Lehrjungen] entschieden werden. 5.) Wenn der Lehrjunge seine drei Jahre Lehrzeit abgeleistet hat und er von seinem Lehrmeister ledig gesprochen worden ist, soll dieser jenem ein Lehrkleid geben, wie es andernorts gebräuchlich ist. Wenn es Streit gibt, soll dieser von dem Obmann und den geschworenen Meistern entschieden werden und der Meister und der Junge müssen gehorchen. Wenn ein Junge seine Lehre ohne wichtiogen Grund abbricht oder sich ungebührlich verhält, sollen der Obmann und das Handwerk entscheiden, ob die abgeleisteten Lehrjahre aberkannt werden sollen oder eine Lehre in Fürstentum Oberpfalz des Ausstellers ganz ausgeschlossen wird. Nach der Lehrzeit soll der Ausgelernte kein Mühlwerk anrühren, sondern zwei Jahre auf dem Handwerk wandern und das nach seiner Rückkehr mit Urkunden belegen. Dann ist er befugt einem Mühlwerk vorzustehen, wenn er es sich zutraut. 6.) In Städten, Dörfern und auf dem Land werben Mühlknechte, die bei einem Meister wegen eines Vorfalls, doch mit gutem Grund, ausgeschieden sind, Malgäste durch Geschenke oder aus Neid ab. Dafür haben sie eine Strafe von 30 Kreuzern in die Lade zu geben. Im Wiederholungsfall wird die Strafe vom Obmann und dem Handwerk bestimmt und er darf vor der Ableistung der Strafe nicht wirder Mühlenarbeit machen. Niemand darf sich von der Arbeit wegstehlen, sondern er muss dem Meister 14 Tage vorher den Dienst aufkündigen. Bei Übertretung sind zwei Gulden Strafe zu zahlen, einer an das Amt Treswiz, der andere an das Handwerk. Überhaupt sind alle Strafen von mehr als einem Gulden hälftig zwischen dem Handwerk und dem Amt zu teilen. Das Handwerk darf Strafen, die allein an die Lade gehen, nicht über 30 Kreuzer verhängen. 7.) Ein Mühlknecht oder Junge, der statt zu arbeiten, täglich sich und andere zu Wein und Bier verführt, soll beim ersten Mal einen Wochenlohn in die Lade zahlen, beim zweiten Mal nach Erkenntnis des Obmanns und des Handwerks darf er je nach Fallgestaltung ein Viertel Jahr das Handwerk nicht ausüben oder er soll die oben genannte Geldstrafe zahlen, von der das Amt Treswiz und das Handwerk je einen Gulden erhalten gemäß Artikel 6. Das Geld aus der Lade soll nicht verschwendet oder vertrunken werden, sondern zur Unterstützung armer oder kranker Meister, Meisterinnen oder Gesellen verwendet werden, wenn sie bedürftig sind oder nach ihrem Tod das Vermögen nicht für eine Erdbestattung reicht. 8.) Ein Mühlknecht oder Junge, der ohne Erlaubnis seines Meisters zum Wein, Bier oder sonstigen unziemlichen Handlungen und an verdächtigen Orten Verbotenem nachgeht, soll bei der Lade angezeigt werden und nach Lage der Dinge bestraft werden. Wenn ein Müller, Knecht oder Junge sein Wissen verschweigt, soll er ebenso betraft werden. Wenn durch jemandes Abwesenheit am Mühlwerk Schaden entsteht, der bei seiner Anwesenheit hätte verhindert werden können, soll er den Schaden nach billigem Ermessen der Obmannschaft und des Handwerks erstatten. 9.) Ein Mühlknecht soll dem ihm untergebenen Lehrjungen mit gutem Beispiel vorangehen, ihn zum Fleiß ermahnen, ihn ohne Erlaubnis des Meisters ihn nicht aus dem Haus zu Bier und Wein führen. Bei Verstoß soll er dafür nach Ermessen der Obmannschaft und des Handwerks bestraft werden. 10.) Wenn ein Mühlknecht oder Mühljunge vom Handwerk angefordert wird, aber beim Meister üner einen Tag oder eine Nacht ausbleibt oder bei Bier und Wein sitzt und feiert, soll einen Wochenlohn verwirkt haben und sein Meister soll es dem Obmann und Handwerk anzeigen und diesen Wochenlohn in die Büchse legen. 11.) Damit Zucht und Ehrbarkeit unter dem Gesinde erhalten werde, sollen die Meister keinen Knecht oder Jungen, ohne vorher Nachrichten eingeholt zu haben, wo er gelernt und gearbeitet hat und wie lange er ohne Arbeit herumgezogen ist. Wenn weder Abschied noch genügende Kunde vorliegt, sollen sie zwar, weil dies vor Erlass dieser Ordnung nicht üblich war, ihn doch mit Vorwissen des Handwerks für 14 Tage zulassen. Künftig aber soll ein genügender Nachweis über die Wanderschaft erforderlich sein. 12.) Wenn ein Mühlknecht oder Junge mit seinem Meister wegen einer Sache, die das Handwerk betrifft, in Streit gerät, soll er nicht sein eigener Richter sein, noch frevelhaft handeln, sondern die Beschwerde vor die Obmannschaft und das Handwerk bringen und von diesen einen Bescheid erwarten. Wer sich nicht daran hält, soll anfangs nach Erkenntnis des Obmanns und des Handwerks und danach von der Obrigkeit des Pflegeamts Treswiz bestraft werden. 13.) Die Mühlknechte und Jungen sollen monatlich den Sonntagspfennig dem Meister, bei dem die Lade verwahrt wird, übergeben. Wer das unterläßt, soll zur Strafe einen Wochenlohn geben. Beim zweiten Verstoß verdoppelt sich die Strafe. Wenn der Mühlknecht oder Junde aber zu weit entfernt wohnt, sollen die Meister an diesen Orten die Sonntagspfennige einsammeln und zwar an zwei Tagen im Jahr, nämlich am dritten Weihnachtsfeiertag und am zweiten Pfingstfeiertag. Wer an diesen Tagen dann nicht in die Lade zahlt, soll einen halben Gulden Strafe zahlen. Dem Handwerk steht es gleichwohl frei, im Markt Mosfach ihre jährliche Handwerks Zunft und Lade hinzusetzen. 14.) ... Damit niemand Unwissenheit vorschützen kann, soll die Ordnung wenigstens einmal jährlich bei den Handwerks-Zusammenkünften (wie im 13. Artikel beschrieben), auch jedes Mal, wenn ein neuer Meister ernannt wird, öffentlich verlesen werden. Damit die Ordnung noch besser beachtet wird, hat der Aussteller seinem [Amtmann im] Pflegeamt auferlegt, an der Zusammenkunft des Handwerks teilzunehmen, oder jemand anderes abzuordnen, der beaufsichtigen soll, ob die Polizei- und Landesordnung des Ausstellers beachtet wird und wie diese Ordnung gelebt wird. An dieser soll keinerlei Änderung vorgenommen werden. Der Aussteller seinerseits behält sich vor, die Satzung und Ordnung nach den Zeitumständen zu mindern, zu mehren oder gänzlich aufzuheben. Siegelung mit dem gewöhnlichen Regalien-Kanzlei-Sekret und Aushändigung an die Bittsteller.
Physische Eigenschaften
Material: Pergament
Siegel: rotes Lacksiegel an blau-weißer Kordel in Holzkapsel ohne Deckel
Maße: 29 x 39 cm
Sprache
Deutsch
Personen
Ausstellerin, Aussteller
Orte
Altsignatur
1672 März 8, Amberg
Verwahrende Institution
SB-MLL A.1672-03-08 – Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern erneuert die Handwerksordnung der Müller der Ämter Treswiz und Tännesberg