Innungs- und Handwerks-Ordnung für das Zimmermanns-Handwerk der Pflege Coburg
Signatur
SB-MLL A.1610-06-02
Datierung
02.06.1610
Umfang
1 Pergamenturkunde
Beschreibung
Mit dem Original wörtlich übereinstimmende Amtliche Kopie. Die Meister und das Handwerk der Zimmerleute in den Ämtern, Städten und Gerichten der Pflege und dem Ort Coburg in Franken (Francken), außer in Amt und Stadt Römhild (Römhildt), haben eine schriftliche Innungs- und Handwerksordnung mit Bitte um Bestätigung vorgelegt. Dies hat der Aussteller getan. 1. Kein Meister darf einen Diener oder Lehrjungen ohne vorherige Zustimmung der vom Ort und Gericht eingesetzten Obermeister anstellen, bei Vermeidung von zwei Gulden Strafe. Ein Lehrjunge soll aus ehrlicher und bekannter Familie sein. Wenn keine Kenntnis über seine eheliche Geburt vorhanden ist, muss er dies mit Brief und Siegel nachweisen. Jeder Lehrjunge soll vor seiner Anstellung seinem Lehrmeister mit fünf Gulden verbürgen, dass er sich anständig verhalten werde. Wenn er seine Lehre ohne wichtigen Grund abbricht oder untreu ist, sind die Bürgen verpflichtet, die fünf Gulden sowie das, was der Lehrjunge nachweislich veruntreut hat, dem Lehrmeister zu geben. Wenn sich der Meister und der Junge oder seine Bürgen über das Ausscheiden vor den Obermeistern nicht einigen können, soll die Obrigkeit des Ortes entscheiden. Wenn ein Lehrjunge aufgedingt wird, soll er einen Gulden dem Handwerk in die Lade geben. Meistersöhne davon sind befreit. Lehrjungen soll nicht länger als zwei Jahre angenommen werden und im ersten Jahr einen halben Gulden und im zweiten Jahr einen halben Taler wöchentlich erhalten. 2. Kein Meister soll seinen Diener oder Lehrjungen ausscheiden lassen, ohne dass dieser dem Handwerk einen Gulden und sein Geschenk gegeben hat, das in der Regel nicht mehr als zwei Gulden betragen soll. Das soll mit Zustimmung des Obermeisters geschehen, bei Vermeidung eines Guldens Strafe. Wenn ein Junge zu arm ist, soll er vom Einlagegeld und Geschenk befreit sein. *Es soll einem Lehrjungen freistehen, entweder vom Handwerk oder im Amt und beim Rat, der für den Lehrmeister zuständig ist, seinen Lehrbrief zu nehmen. Insbesondere soll ohne vorherige Kenntnis der Ortsobrigkeit bei Strafe von fünf Gulden, das Handwerk keine Lehrbriefe ausstellen.*. 3. Jeder soll ein Meistersohn nach Ende seiner Lehrzeit, egal ob innerhalb oder außerhalb dieses Fürstentums, als Geselle arbeiten lassen. Wer, bevor er sein Meisterstück gemacht hat, Gesellen oder Jungen einstellt, soll das unterlassen und muss einen Gulden Strafe zahlen. 4. Nach der Gesellenzeit darf sich jeder unter vier möglichen Meisterstücken eines zum Anfertigen aussuchen, nämlich: a) eine welsche Haube mitt förmblicher Austheilunge, b) einen liegenden Stuhl inn die Schreidt, Raudensweise verbunden, c) ein Stirnrad inn ein Drillers Gericht oder d) eine Kelter. Der Obermeister des Orts oder Gerichts, in dem der Kandidat sich häuslich niederlassen will, soll den Auftrag erteilen. Wer mit seinem Meisterstück nicht besteht, soll nicht als Meister zugelassen werden, sondern noch ein Jahr Geselle bleiben. 5. Jedem Meister, der einen Lehrjungen zwei Jahre ausgebildet hat, steht es frei, den nächsten einzustellen. 6. Kein zünftischer Meister darf einen ausländischen Zimmermann, der nicht Mitglied dieser Zunft und Innung ist, als Lehrjungen annehmen, bei einer Strafe von vier Gulden. Eine Ausnahme gilt für Söhne und Verwandte fremder Zimmerleute. 7. Kein zünftischer Meister oder Geselle soll länger als 14 Tage wissentlich bei einem Gescholtenen oder Störer arbeiten, bei Strafe von zwei Gulden. Wen der Geschmähte aber die Sache beim Handwerk oder der Ortsobrigkeit anhängig macht, soll er bis zur Entscheidung nicht beeinträchtigt sein. Wenn ein oder mehrere Gesellen oder Meister dagegen verstoßen und einen Arbeitsaufstand machen, soll dies von der Ortsobrigkeit mit Geldstrafe oder Gefängnis geahndet werden. Ohne Kenntnis der Ortsobrigkeit soll sich das Handwerk bei Vermeidung einer Strafe von zwei Gulden nur an Donnerstagen und Freitagen zusammenkommen. Kein Störer oder jemand, der das Handwerk nicht gelernt hat, soll vom Handwerk geduldet werden, bei Vermeidung von zwei Gulden Strafe. Wen ein Bauherr altes Flickwerk machen, Wände ausschneiden, Bäume fällen oder schneiden lassen will, darf er Tagelöhner als Gehilfen des Zimmermanns gebrauchen. 8. Wenn ein Meister den Baufauftrag an einem Gebäude erhalten hat, soll kein anderer Meister den Auftrag annehmen, bei Vermeidung von vier Gulden Strafe, es sei denn, dass es Streitigkeiten zwischen Bauherrn und erstem Meister gegeben hat. Jeder Meister ist verpflichtet, Aufträge termingerecht zu erledigen. Verzugsschaden hat der Meister dem Bauherrn zu ersetzen. 9. Ausländische Zimmerleute dürfen in diesem sächsischen Ort keine Arbeit annehmen bei Vermeidung einer Strafe von zehn Gulden. Das betrifft nicht die Errichtung eines neuen Hauptbaus oder Wasserwerks, weil sich die Auswärtigen darauf besser verstehen. Das gilt, weil die Meister aus den Ämtern und der Stadt Heldburg (Heldtburgk) und Sonnefeld (Sonnefeldt) in den benachbarten Stiften Bamberg (Bambergk) und Würzburg (Würtzburgk), seit alters her arbeiten durften. Deshalb soll es bei der Gegenseitigkeit nach altem Herkommen bleiben. Sollte den Meistern aus Heldburg und Sonnefeld das Arbeiten in den Stiften später einmal verwehrt werden, soll es umgekehrt ebenso gehalten werden. Auswärtige Meister, die ihr eigenes Holz mitbringen oder außerhalb des Fürstentums kaufen, dürfen nicht nur ganze Gebäude aufbauen, sondern auch die Stiegen, Läden und andere Zimmermannsarbeiten erledigen. Jedem Bauherrn steht es frei, einen zünftischen Meister aus der Innung, unabhängig von dessen Wohnsitz zu beauftragen. 10. Auswärtige Meister und Zimmerleute dürfen bei hiesigen Meistern Arbeit suchen und bei ihnen als Gessellen für Wochenlohn arbeiten. Wenn ein ausländischer Meister hier [als Meister] arbeiten will, muss er eines der genannten Meisterstücke anfertigen und den Obermeistern einen Gulden (Baarguldenn) für die Beschauung des Meisterstücks und nachfolgend sechs Gulden für das Meisterrecht zahlen. 11. Wenn jemand, der kein Meistersohn der Zunft ist, die Tochter oder Witwe heiraten will, soll den halben Teil des Meistegeldes, also drei Gulden, entrichten, sein Meisterstück fertigen und den Obermeistern einen Gulden für die Beschauung geben. 12. Wenn ein Meistersohn nach seiner Wanderschaft selbst Meister werden will, soll er sein Meisterstück anfertigen, einen Ortsgulden (Orttsguldens) als Meistergeld zahlen und den Obermeistern einen Gulden für die Beschauung [des Meisterstücks] geben. 13. Meister und Gesellen dieses Fürstentums sollen sich unter einander und gegen jedermann gebührlich verhalten und den Wirten nichts schuldig bleiben. Wenn jemand zu Klagen Anlass gibt, der hat nach Ausgang [des Prozesses] zu gewärtigen, dass er mit Wissen der Ortsobrigkeit 14 Tage das Handwerk niederlegen muss. 14. Obwohl Steinmetze und Maurer andere Handwerker als Zimmerleute sind, aber bei den Baugestellen, dem Untersteupern und Untermauern der Wände und Riegel bisweilen Leib- und Lebensgefahr besteht, dürfen jene mit Zustimmung ihrer Bauherren entscheiden, ob sie diese Arbeiten selbst ausführen oder Zimmerleuten übertragen wollen. 15. Kein Meister darf mehr als zwei Werkstätten unterhalten, darin aber so viele Gesellen beschäftigen, wie er benötigt. Niemand darf fremde Gesellen oder Jungen abwerben, bei Vermeidung einer strafe von drei Gulden. 16. Streitigkeiten zwischen Meistern und Gesellen über Handwerksgewohnheiten und geschriebene Artikel dürfen ausschließlich den Obermeistern vorgetragen werden, bei Vermeidung von zwei Gulden Strafe. Können die Obermeister den Streit nicht schlichten, sind die Parteien an die Ortsobrigkeit zu verweisen. 17. Bei Zusammenkünften von Meistern und Gesellen soll sich jeder gebührlich benehmen, bei Vermeisung eines Ortsgulden Strafe. Auf Beleidigungen und Tätlichkeiten steht eine Strafe von einem Gulden und zusätzlich Verweisung an die Obrigkeit zur weiteren Bestrafung. Wenn bei einer solchen Zusammenkunft jemand Gott flucht oder lästert, sollen die Obermeister einen Gesellen sofort und einen Meister bei der jährlichen Überantwortung zur Bestrafung an die Ortsobrigkeit melden. 18. Wenn der Lagen geöffnet ist, soll niemand eine Waffe tragen bei Vermeidung einer Strafe von einem halben Wochenlohn. Wenn das Handwerk beraten oder beschließen will, sind die Lehrjungen ausgeschlossen. 19. Bei Klagen vor den Obermeistern soll keiner dem anderen ins Wort fallen, sonst hat er zwei Pfund Geld Strafe an das Handwerk zu zahlen. Wer aus Ungehorsam zu einem Termin nicht erscheint, soll jedes Mal ein Pfund Geld zahlen. Wer eine Verhandlung vor Schluss verlässt muss einen Ortsgulden Strafe zahlen. Diejenigen, die verordnet werden, das Handwerk zusammen zu rufen, sollen die Aufgabe ohne vbertrinken erledigen, bei Vermeidung von zwei Pfund Geld Strafe. 20. Die jährliche Zusammenkunft der Obermeister soll zu Johannes des Täufers Tag in Coburg (Coburgk) stattfinden. Dort sollen die Obermeister aus den Ämtern, Städten und Gerichten zusammenkommen und einander berichten, was sich während des Jahres im Handwerk wiederwertiges zugetragen hat und wie es bestraft worden ist, welche Lehrjungen sie angestellt oder ledig gezählt haben, wer als Meister aufgenommen worden ist, welche Meisterstücke gefertigt worden sind und wer nicht bestanden hat, sondern noch ein Jahr Geselle sein oder wandern soll. Auch sollen die Meister beraten und darauf achten, ob etwas gegen die Handwerksordnung einzureißen droht, damit man bei Zeiten gegensteuern kann. Es soll jedem Meister freistehen, nach der Versammlung mit dem Handwerk zu zechen oder sich nach Hause zu begeben. 21. Jeder Meister soll einen Groschen als Einlage geben, eine arme Witwe, die ihren Kindern das Handwerk erhalten will, soll sechs Pfennige jährlich geben. Diese Einlage samt dem Meister- und dem Strafgeld soll am Ort bei der Lade bleiben, damit armen Meistern und Gesellen, oder deren Witwen damit geholfen werden kann. Auch soll den Obermeistern, die jährlich die Versammlungen in Coburg besuchen oder sonst wegen des Handwerks etwas auszurichten haben, die Verpflegung bezahlt werden. Die Gesellen, die im Land mit Weib und Kind wohnen, sollen zwei Groschen Einlage geben. Die ledigen inländischen und auswärtigen Gesellen sollen wöchentlich je einen Pfennig geben. Wenn ein Meister einen Gesellen wandern läßt und den Pfennig nicht einbehält, soll der Meister jeweils einen halben Groschen Strafe zahlen. 22. Der Hauptbrief soll immer in der Lade in Coburg als der fürstlichen Hauptstadt verwahrt werden. Den Meistern in den umliegenden Ämtern, Städten und Gerichten sollen gleichlautende Kopien gegeben werden. Künftig sollen in jedem Ort und Gericht zwei verständige, geschworene Obermeister für jeweils zwei Jahre eingesetzt werden. Danach soll jedes Jahr nur einer von vier Meistern sein Amt niederlegen. Dadurch soll die Streitschlichtung erleichtert werden. Das Meister- und Strafgeld soll am gehörigen Ort übergeben werden. Die [Obermeister] sollen dem Handwerk treu und gemäß den vorgenannten Bestimmungen vorstehen. Zum Letzten. Das Meistergeld soll je zur Hälfte an das Amt oder die Stadt gehen, je nachdem, ob der angehende Meister sich auf dem Land oder in der Stadt wohnt. Die andere Hälfte soll an das Handwerk desselben Orts gehen. Das Buß- und Strafgeld soll gedrittelt werden. Wenn der straffällige Meister auf dem Land wohnt, sollen zwei Drittel an das Amt und das dritte Drittel an das Handwerk gehen, ist der straffällige Meister in der Stadt, soll ein Drittel an das Amt, ein Drittel an den Rat und das dritte Drittel an das Handwerk gehen. Der Aussteller konfirmiert hiermit die vorstehende Handwerksordnung und Artikel und befielt allen seinen Amtsträgern in Franken, diese Ordnung einzuhalten und die redlichen Meister und Gesellen des Zimmererhandwerks zu schützen und die Verbrecher zu strafen. Der Aussteller behält sich Änderungen sowie die gänzliche oder teilweise Aufhebung vor, desgleichen den Dispens von der [un-]ehelichen Geburt. Darunter fallen nicht die vorehelich Gezeugten. Auch soll die Landesordnung des Ausstellers mit den darin enthaltenen Mandaten bezüglich des Handwerks unberührt bleiben. Siegelung mit dem Siegel des Ausstellers.
Physische Eigenschaften
Material: Pergament
Siegel: Spuren des braunen papiergedeckten S, Reste der grünen Heftschnur
Maße: 30 x 32 cm
Sprache
Deutsch
Orte
Altsignatur
1610 Juni 2, Coburg (Coburgk)
SB-MLL A.1610-06-02 – Innungs- und Handwerks-Ordnung für das Zimmermanns-Handwerk der Pflege Coburg