Zunftordnung der Kaiserin Maria Theresia für das des Weber-Handwerks im Erzherzogtum Österreich unter der Enns 1751
Signatur
SB-MLL A.1751-04-03
Datierung
03.04.1751
Umfang
1 Pergamenturkunde
Bestand
Beschreibung
Kollationierte und durch Karl Ludwig von Boumburg, Hoftaxator, beglaubigte Kopie vom 27. April 1756. Die Viertel- und übrigen Meister des Weber-Handwerks im Erzherzogtum Österreich unter der Enns haben eine Abschrift der Ordnung und Freiheit, die Kaiser Karl VI., Vater der Ausstellerin, am 26. Januar 1713 bestätigt hatte, vorgelegt und gebeten, diese zu bestätigen und zu verbessern. Die Ausstellerin hat nach dem von ihrer Behörde angeforderten und erstatteten Bericht den Meistern des Weber-Handwerks die Ordnung und Freiheit, weil sie der 1732 emandierten General-Handwerks-Ordnung nicht entgegensteht, nicht nur erneuert und bestätigt, sondern in einigen Punkten erläutert und zur Hebung der Manufaktur des Landes vermehrt und verbessert. 1.) Das Leinen-, Mappellan-, Parchet- und Zeugweber-Handwerk soll eine Zeche (Zöch) sein. Die Hauptlade soll hier in Wien (Wienn), wie seit alten Zeiten, verbleiben. Gemäß dem Inhalt des Abschieds der landesfürstlichen Nieder-Österreichischen Regierung von 30. August 1653 und der vom Hof durch Revisions-Resolution vom 24. Dezember 1693 veröffentlichten General-Patent soll [dem Weber-Handwerk] Loden, Mischling und Bauerntuch, doch nur eine Elle breit, nicht nur zu machen und es walken zu lassen erlaubt sein, sondern auch es zu Hause und auf den Jahr- und Wochenmärkten im ganzen Land ungehindert gemäß alter Berechtigung im Stück oder nach Ellen zu verkaufen und es zuzuschneiden. Ab jetzt dürfen sie auch Loden und Bauerntuch ebenso wie anderes von ihnen angefertigtes Wollzeug selbst färben, scheren und zurichten, auch kalt oder warm pressen, damit die Land hergestellte Ware billiger werde und leichteren Verschleiß finde. Wer sich in Wien als Meister niederlassen will, soll von seinem Handwerk über seinen Abschied und seine Herkunft glaubwürdige Urkunden vorlegen, dass er ehelich geboren ist und drei Lehrjahre abgeleistet hat. Wenn die geschworenen Meister befinden, dass er Erfahrung im Handwerk hat, zwei Jahre lang gewandert ist und wenigstens ein halbes Jahr bei einem oder mehreren Wiener Meistern gearbeitet hat, sollen sie ihn dem Rat vorstellen. Dann soll er als Bürger und Meister aufgenommen werden. Gegenüber denen, die in Wien gelernt haben, soll er davon befreit sein, ein halbes Jahr bei einem oder mehreren Meistern zu arbeiten. Die Meister auf dem Land sollen zur Befolgung dieser Ordnung, wie bisher, von der hiesigen Hauptlade eine Abschrift erhalten, sonst aber mit dieser nicht weiter verbunden oder ihr verpflichtet sein. 2.) Jährlich sollen zwei geschworene Meister unter ihnen erwählt werden, die jeder einen besonderen Schlüssel zu der Lade erhalten, jährlich ordentlich abrechnen und den Meistern und Gesellen diese Ordnung jedes Quartal vorlesen lassen sollen. Sie sollen am ersten Ratstag des neuen Jahres von Bürgermeister und Rat oder der sonstigen Ortsobrigkeit besonders darauf vereidigt werden, die Arbeit aller Meister öfter im Jahr, wenn es ihnen nötig erscheint, zu kontrollieren, und ungerechte und böse Arbeit durch Diener des Bürgermeisters oder Gerichts aufheben zu lassen. Dann sollen die Zechmeister ohne Entgelt das Garn der straffälligen Meister in den Spitälern an die Armen verteilen. Gemäß dem Inhalt des mit und zwischen den bürgerlichen Leinwand-Händlern (Leinwat, nachfolgend auch Leinwath) und den bürgerlichen Lein Massebau- und Zeugwebern am 17. Dezember 1702 geschlossenen Vergleichs sollen alle Leinwand-Waren, die zum freien Verkauf auf dem öffentlichen Jahrmarkt oder zu anderen Zeiten bestimmt sind, ebenso wenn es sie von einem Fremden auf dessen Namen und Mautzettel hergebrachte sind, handelt, sollen sie zusammen mit den bürgerlichen Leinwand-Händlern besichtigt werden und unrechte Arbeit soll aufgehoben und an die Armen in den Spittälern geliefert werden. Von dieser Beschau ist keine Leinwand-Ware befreit, außer die eigene Ware der Leinwand-Händler, die in Kommission genommene oder sonst durch Briefkauf auf eigenen Namen und Risiko übernommene Ware. Gemäß dem am 22. Januar 1666 erlassenen landesfürstlichen Patent sollen die in Österreich unter der Enns befindlichen Webermeister, wenn sie für Fremde oder für ich selbst Leinwand wirken, sollen sie Leinwand, Zwilch und frimwerck kaufen, doch die hergestellte Leinwand nur verkaufen, wenn sie nach dem Wiener Maß, Länge und Breite angefertigt ist und zuvor in der nächsten Stadt oder Markt beschaut ist, ob sie Wiener Gebrauch entspricht. Wenn die Leinwand einwandfrei ist, darf er sie verwenden, wenn sie nicht Wiener Maß und Ordnung entspricht und trotzdem zum Verkauf gebracht wird, soll der jeweilige Handgraf in Österreich und jede Obrigkeit, geistliche und weltliche, in deren Gebiet solch Leinwand und Zwilch angetroffen wird, ihn beschlagnahmen und die Übertreter bestrafen. Die bürgerlichen Weber aber oder ihren Zöch-Meistern, die die Beschau vornehmen, bekommen für jedes Stück Leinwand, Zwilch, Paechet, Mappeläu und dergleichen einen Pfennig Beschaugeld. 3.) Bevor einer als Meister anfängt, soll er zur Erhaltung des Gottesdienstes in die Zöch zwei Pfund Pfennige und danach wöchentlich zwei Pfennige geben. Wenn einer am Anfang nicht in der Lage ist, zwei Pfund Pfennige zu bezahlen, soll ihm das Handwerk genügend Zeit dafür einräumen. 4.) Als Meister wird nur zugelassen, wer zuvor vor der Meisterschaft einen [Web-]Stuhl aufgebaut und ein Stück Leinwand angefertigt, insbesondere zwei sechzehnschäftige Zeug zu Tischtüchern und Salonten verarbeitet. Die Meister auf dem Land, in Städten und Märkten sollen eine zwölfschäftige Fußarbeit, die auf dem Gäg aber ein Stück Leinwand und ein Stück Zwilch anfertigen. 5.) Die Meister in Wien dürfen auch anderen Meistern, die in Märkten und Dörfern im Umkreis von zwei Meilen Wegs um die Stadt auf deren Begehren in ihre Zunft aufnehmen. Kein Wiener Meister darf mit mehr als sieben [Web-]Stühlen arbeiten. 6.) Die Meister der Leinweber in Wien sollen ihren Knappen von ihrer Arbeit den vierten Pfennig und nicht mehr geben, oder sie nach Gelegenheit der Arbeit oder wie es den Meistern gefällt, denhalben Lohn bezahlen, doch sollen sie sich - anders als die Gesellen - selbst verköstigen. 7.) Meister und Knappen sollen sich des blauen Montags und ungewöhnlicher Feiertage enthalten, gemäß der erlassenen Polizeiordnung (Pollicey). Wer beim Feiern angetroffen wird, soll die festgesetzte Strafe erhalten. Wer einen halben Tag von der Arbeit aussetzt, soll einen halben Wochenlohn, wer einen Tag aussetzt, einen Wochenlohn, bei zwei Tagen zwei Wochenlöhne usw. in die Lade zahlen. Ein Meister aber, der es den Knappen nicht mitteilt, sondern überhilft, soll jedesmal zwei Pfund Wachs zur Erhaltung des Gottesdienstes als Strafe entrichten. 8.) Die Leinweber-Meister und Knappen haben sich gütlich geeinigt, dass die Knappen ihre eigene Herberge und Lade haben dürfen und den Meistern den dritten Pfennig aus dieser Lade dergestalt abgeben, dass jeder Meister als Geschenk an die Lade sechs Kreuzer geben soll. Die Meister sollen mit Hilfe und Beistand der Knappen die Störer vertreiben. 9.) Niemand darf die Webermeister in Österreich unter der Enns am An- und Verkauf von Garn, Zwirn und gesponnener Wolle, noch an der Versilberung der von ihnen hergestellten und beschauten Leinwand hindern. Den bürgerlichen Webern in Städten und Märkten gebührt der freie Leinwandhandel und Ausschneiden, mit dem einzigen Unterschied, dass in Städten und Märkten, in denen gelernte Leinwandhändler sind, sie neben der Leinwand keine anderen Waren führen dürfen, mithin allein vom Leinwandschnitt leben müssen. Die bürgerlichen Weber dürfen nur ihre selbst fabrizierte Leinwand ellenweise verkaufen. In den anderen Städten, Märkten und Flecken, in denen gelernte Leinwandhändler sind, die neben Leinwand auch andere Waren führen, den bürgerlichen Weber unverwehrt ist, alle Leinwand, die sie selber machen oder durch ihre Mitmeister machen lassen, stück- und ellenweise zu versilbern und damit ihren Unterhalt zu verdienen. Damit aber der ohnehin überlaufene Leinwandhandel nicht noch stärker überbesetzt wird, ist es von nun an verboten, eine neue Leinwandhandlung im Herzogtum Österreich unter der Enns ohne landesfürstliche Bewilligung zu eröffnen oder einen Handel mit verschiedenen Waren auf alleinigen Leinwandhandel umzustellen. Insbesondere aller Fürkauf, Störung und unordentliche Hantierung mit Leinwand, sie geschehe heimlich in den Häusern oder öffentlich an Kirchtagen, auf Jahr- und Wochenmärkten, sowie Kauf und Verkauf von Garn, Zwirn, roher oder gesponnener Wolle auf den Gay- und anderen Märkten, der allein den redlichen, gelernten und zunftmäßigen Meistern rechtmäßig zusteht, soll bei unausbleiblicher Strafe gänzlich abgestellt und verboten sein. Wenn die Weber den Störer ausfindig machen, sollen sie ihn mit Hilfe der Ortsobrigkeit verhaften lassen, die Arbeit und das Werkzeug dem Handgrafen aushändigen. Das Werkzeug soll der Zeche verbleiben. Keine Obrigkeit, ausgenommen die Herren und Landleute auf ihren Schlössern, dürfen Störer unter ihren Schutz nehmen. Eine vorherige Anmeldung in der nächsten Stadt oder dem Markt bei dem ganzen Handwerk der Leinen-, Mappellän-, Parchet- und Zeugwebern ist erforderlich, ebenso ist ein Geburtsbrief vorzulegen, sich prüfen lassen und das Meisterrecht erhalten. Dagegen sollen die Lein-, Mappelän-, Parchet- und Zeugweber, die auf dem Gay wohnen, von ihrer Obrigkeit angehalten werden, dass sie sich in der nächsten Stadt oder dem Markt mit einer Leinweberzunft bei dieser verzeichnen lassen und zur Erhaltung von Frieden und Einigkeit die Handwerksgewohnheiten einhalten und am Gottesdienst teilnehmen. Kein Meister, der in Österreich unter der Enns sesshaft ist, soll außer Landes ins Handwerk gehen. Das wäre ungültig. Der Übertreter soll durch die nuederösterreichischer Repräsentation und Kammer auf Anzeige hin bestraft werden. Die Bürger in Städten und Märkten dieses Landes, die zwirnen, sollen bei dem Leinweber-Handwerk in ihre Bruderschaft aufnehmen lassen, damit der unbefugte Verkauf von Garn, Zwirn und Wolle durch nicht ansässige Personen in dem Gay abgestellt wird, doch den Landleuten des Erzherzogtums Österreich unter der Enns, die bisher bereits auf ihren Schlössern Leinweber angestellt hatten, sollen keinen Nachteil haben. 10.) Künftig soll niemand, der sich in Wien niederlassen will, durch Übermaß an Unkosten, Trinken und Essen, was schon manchem Gesellen geschadet hat, auffallen, zumal dies unter hoher Strafe steht. 11.) Alle Meister samt ihren Knappen und Lehrjungen sich sollen am heiligen Gottes-Leichnamsfest mit ihren Zöch-Meistern um 5 Uhr in den Stephansdom (Sanct Stephans Domkirchen) begeben und an der gewöhnlichen Prozession Corporis Christi mit Herumtragen ihrer Handwerksfahnen teilnehmen, bei Vermeidung einer Strafe von zehn Pfund Wachs. Daneben sollen alle Meister und Gesellen in der Kirche, in der sie ihre Fahnen aufbewahren, dort alle Quatember einmal einen Gottesdienst an dem ihnen durch einen Geistlichen zugewiesenen Altar halten lassen, so wie es auch die anderen Zünfte tun. Sie sollen mit Andacht teilnehmen und ihren Opferpfennig bei der heiligen Messe, wie es alter Gebrauch ist, auf den Altar legen. Wer das, ausgenommen Leibesschwäche oder andere genügend entschuldigende Ursachen, versäumt, soll den Meistern vier und den Gesellen zwei Pfund Wachs schuldig sein, welches in besagter Kirche verwendet werden soll. Wenn jemand in den obenstehenden Punkten dennoch nicht zum Gehorsam zu bringen ist, kann ihm sogar das Handwerk entzogen werden und weitere Bestrafung bleibt denen von Wien vorbehalten. 12.) Jeder benachbarte Meister darf im benachbarten Gezirk arbeiten, der einer Zunft angehört, jedoch darf die Arbeit nicht abgesprochen und der Lohn nicht verteuert werden. Die Gay-Meister sollen Lohn- und Kaufarbeit, die sie in ihren Werkstätten allein fertigen können, selbst herstellen und nicht mehr Garn, Zwirn oder Wolle, als sie an ihren erlaubten [Web-] Stühlen verarbeiten können, einkaufen, sondern den Fürkauf von Leinwand, Zwirn, Garn, rohe und gesponnene Wolle zum Weiterverkauf unterlassen. Ohnehin sollen sie in einer Stadt oder auf einem Markt Arbeit oder gar Schulden machen, ohne andern brotext gebrauchen könnten. Wenn man aus Städten und Märkten diesen Gay-Meistern Arbeit in ihre Häuser bringt, sind sie berechtigt, diese zu Ende zu bringen. Bei der oben genannten Übertretung aber müssen sie zwei Pfund Wachs Strafe bezahlen. Bei Abendung der Arbeit sollen sie zwölf Pfund Wachs und bei nicht geschehener Parirung das Doppelte an Strafe entrichten. Ebenso soll es auch bei einer Übertretung der Lohnordnung gehandhabt werden. Schließlich. Wenn etwas in der Lade übrig geblieben ist, sollen die Meister und Gesellen eine Spende [Hülff] nach Gelegenheit der Lade an das Lazarett in Wien zu dessen Aufbau und Verbesserung geben, eingedenk dessen, dass es ihnen selbst einmal zum Nutzen sein könnte. Die Ausstellerin erneuert, bestätigt und verbessert hiermit kraft dieses Briefs alle Bestimmungen dieser Ordnung der Meister des Weber-Handwerks im Erzherzogtum Österreich unter der Enns, jedoch mit ausdrücklichem Vorbehalt jederzeitiger Vermehrung, Verminderung und Aufhebung. Die Ausstellerin gebietet allen geistlichen und weltlichen Obrigkeiten jeglichen Standes und den Untertanen, die Webermeister im Erzherzogtum Österreich unter der Enns ungestört bei ihrer Handwerks-Ordnung zu belassen. Bei Zuwiderhandlung droht die schwere Ungnade und eine Strafe von zehn Mark lötigen Goldes, die je zur Hälfte an die Kammer der Ausstellerin und die Weber-Meister zu zahlen ist. Siegelung mit dem kaiserlichen, königlichen und erzherzoglichen größeren Siegel.
Physische Eigenschaften
Material: Pergament, blindgeprägter brauner Ledereinband
Siegel: ohne
Sprache
Deutsch
Orte
Altsignatur
1751 April 3, Wien
Verwahrende Institution
SB-MLL A.1751-04-03 – Zunftordnung der Kaiserin Maria Theresia für das des Weber-Handwerks im Erzherzogtum Österreich unter der Enns 1751